Wandergesellen

Bücher übers Wortgewalze

Bildschirmfoto 2016-01-13 um 18.12.53Da läuft ein Reporter durch die Gegend, macht einen auf Wandergeselle und schreibt ein Buch – kommt allen bekannt vor? Klingt nach Wortwalz? Tatsächlich gab es das schon mal, vor über 80 Jahren. Nannte sich: „Servus Kumpel“

Es ging ihm wohl ein bisschen so ähnlich wie mir: Ein Reporter will rausfinden, wie das Leben der Wandergesellen auf der Landstraße so ist. Also pirscht er sich an sie ran, merkt aber schnell, dass er diesem seltsamen Völkchen noch weiter auf die Pelle rücken muss. Deshalb muss er raus aufs Land, der Reporter, und mitten unter die Wandergesellen.  Er schmeißt sich in olle Klamotten und tippelt los. Mit diesen Worten macht sich P. C. Ettighoffer auf den Weg.

„Zuerst versuchte ich die ‚Kunden’ in den Pennen der Großstädte zu erreichen, sie auszufragen. Doch es war nur unvollkommenes, klägliches Material, das ich auf diese Weise zusammentragen konnte. Äußerlichkeiten, nichts weiter. Ich wollte mehr. Ich wollte die Seele der Landstraße erforschen, in ihr Herz blicken.“

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Willkommen im Walzmuseum

Von Schaufensterpuppen in Kluft und Kloschildern mit Hut: Ein Besuch in Deutschlands einzigem Herbergsmuseum in Blankenburg

Walzmuseum-03Wer im Blankenburger Herbergsmuseum nachfragt, ob der Mann, der hier die Führungen macht, wohl auch selbst auf Tippelei war, der bekommt eine lustige Antwort: „Ich war ein paar Jahre lang Zigaretten holen“, sagt er. Der Rest bleibt rätselhaft.

Es ist ein gut verstecktes Kleinod, dieses Museum in einem verwinkelten Fachwerkhaus von 1684, und die wenigsten Besucher dürften hier wohl einfach zufällig über die knarzenden Dielen stolpern. Wer hier herkommt, will etwas über die Tradition der Wanderschaft erfahren. Seit dem Mittelalter folgen deutsche Handwerker der Idee der Walz, gehen für mindestens drei Jahre und einen Tag auf Reisen. Und doch muss man die Orte in Deutschland suchen, an denen man mehr über die Geschichte dieser geheimnisvollen Welt lernen kann. Es finden sich nicht allzu viele historische Aufzeichnungen in den Archiven. Deshalb lohnt sich der Weg hierher, ein kurviges Sträßlein führt nach Blankenburg.

In dem kleinen Museum am Harzrand ist alles „durchgewalzt“ – angefangen bei den Toilettentüren. Die ziert ein Wandersmann und eine Gesellin mit Hut, Schlaghose und Stenz. So heißt der Wanderstab der Gesellen, ein in sich gedrehter Holzstock, um den sich eine Geißblattpflanze geschlungen hat (Unter Gesellen heißt es: „Einen Stenz sucht man nicht. Der Stenz findet dich.“)

Viele dieser kleinen Anekdoten kann man lernen, wenn man durch die historische Herberge stromert. Schon Zimmermann Wilhelm Pieck – später der erste und einzige Präsident der DDR – stieg hier zu seiner Wanderzeit ab (Verrückt genug, der Gedanke: Ein Staat, der sich ummauern und umzäunen sollte, wurde geführt von einem Mann, der das Reiseleben und das Fernweh kannte). Neben einer nostalgischen Piek-Ecke gibt es im Herbergsmuseum aber noch weit mehr zu sehen. Der Nachlass zweier Nordharzer Wandergesellen zeigt Reiserouten, Wanderbücher und das spärliche Gepäck der Reisenden. Wie auf einem Wäscheständer hängen hier auch „Charlottenburger“, die bunten Tücher, mit denen Wandergesellen ihr Gepäck verschnüren (Übrigens, fragen Sie vor Ort bitte unbedingt nach, warum Charlottenburger Charlottenburger heißen! Die ebenfalls lustige Antwort hat mit müffelnden Rucksäcken aus Pferdefell zu tun..)

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Finden Sie den Fehler? Vorne links ein rechtschaffender Fremder mit schwarzem Schlips, rechts ein fremder Freiheitsbruder mit rotem Schlips, in der Mitte ein blaubeschlipster Rolandsbruder und im Hintergrund eine Freireisende Wandergesellin. Dazwischen: Ein störendes Element.

Im Obergeschoss schließlich hat eine Truppe Schaufensterpuppen im Sturm mein Herz erobert. Weiterlesen →

Handwerk und Journalismus

Das Thema Wanderschaft liegt in der Luft. Vielleicht ist es selektive Wahrnehmung – aber ich sehe zur Zeit überall Berichte über die Tippelei. Hier deshalb meine persönlichen Filmtipps zur Walz. Und einige Überlegungen zur Handwerkerehre

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Auf der Sommerbaustelle 2015

Weiberwalz*  – das ist der Titel einer Dokumentation, die jetzt im MDR Fernsehen während der Themenwoche Heimat zu sehen war. Die Wandergesellinnen Theresa und Florin und Cyrilla erzählen darin von ihrem Leben auf Tippelei. Die Story: Eine Buchbinderin und zwei Steinmetzinnen klettern rauf und wieder runter von den Ortsschildern ihrer Heimatstädte. Dazwischen liegen mehr als drei Jahre Wanderschaft, die sich nur schwer in Worte oder Bilder fassen lassen. Wir sehen die Reisenden ihre Charlies rollen, also ihr Gepäck mit Tüchern verschnüren. Wir sehen die Frauen trampen und – wie immer in diesem Moment – müssen sie die Reporterfrage beantworten, ob das nicht gefährlich sei. Wir sehen die Wandergesellen im Spinnermarsch, also in Zickzacklinien, aufs Ortsschild zuwandern. Und wir bleiben als Zuschauer auf Distanz, wenn es um die geheimen Rituale auf der Walz geht. Weiterlesen →

Scheinheimisch werden

Wie mein Münchner Ortsschild vom Erdboden verschwand und ich auf einer abstrusen Reise versuchte einheimisch zu werden

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So geht die Reise zu Ende

Es war ein langer Weg nach Hause. Nach meinem letzten Lokalredaktionsstopp in Weimar bin ich einfach weitergereist. Die geplanten drei Monate und ein Tag auf der Wortwalz waren rum, aber die Tippelei ging weiter. Und das bereue ich nicht, denn es gab noch einiges zu lernen. Weiterlesen →

Station #8 Freiburg, das kommt von frei

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Hallo Schwarzwald, Hallo Funkstille. Hallo Losmachen, Hallo freier Wille.

Es gibt ein schönes Wort unter Wandergesellen, das ich in letzter Zeit sehr schätzen gelernt habe: Abreiseverlumperung. Gemeint ist damit, die geplante Abfahrt nach hinten zu verschieben. Immer wieder. Die beteiligten Begleitpersonen tun das Ihrige dazu, um den Moment des Aufbruchs immer weiter zu vertrödeln. Manchmal hat man einfach einen Fuß im Beton. Oder im Schwarzwald. So ist es mir nun in Freiburg ergangen.

Zuerst muss ich gestehen: Ich bin nicht mal zur Lokalzeitung gegangen. Schmach! Dabei gibt es hier die wirklich gut gemachte Badische Zeitung, das sympathische Radio Dreyeckland und auch das Onlineportal fudder. Genug Auswahl. Aber ich wollte einfach mal: Frei sein in Freiburg. Weiterlesen →

Station # 6 Aalen: Ein Ostalb-Traum

Diese Redaktion verdient Herzchen: Schwäpo in Aalen

Die Redaktion Schwäpo in Aalen

„Polizei rettet Kaninchen“ – welche Redaktion macht diese Meldung noch zum zweiten Lokalaufmacher? Eine Redaktion, bei der es zur Blattkritik frische Brezeln gibt. Eine Redaktion, in der die Redaktionsassistentin mit einem strahlenden Lächeln fragt: Gibt es noch irgendetwas, das ich für dich tun kann? Eine Redaktion, in der der Chef Witze macht, die manchmal wirklich witzig sind. Eine Redaktion, in der mir eine Kollegin Pferdesalbe auf den Schreibtisch stellt, weil ich über Rückenschmerzen gejammert habe. Das ist die Redaktion der Schwäbischen Post in Aalen. Ein wahrer Ostalb-Traum. Weiterlesen →

Gesellige Tage auf der Sommerbaustelle

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Kamerad Zopf erzählt von früher

Dieser Text ist wahrscheinlich einer der schwersten, den ich auf dieser Reise zu schreiben habe. Ich war auf der Sommerbaustelle der freireisenden Wandergesellen und es war so wunderbar, dass man am besten gar nicht erst versucht es in Worte zu fassen. Es gibt etwas, das im Sprachlosen bleiben muss. Gleichzeitig ist es auch deshalb schwer diesen Text zu schreiben, weil ich ihn vor Veröffentlichung den Wandergesellen vorlegen werde. So haben wir uns geeinigt. Ich durfte die Sommerbaustelle besuchen, als Mensch, nicht als Journalistin. Und so habe ich versprochen nicht über Gesellen zu schreiben. Deshalb erzähle ich hier nur, wie ich persönlich die vergangen Tage erlebt habe. Weiterlesen →