Zu Gast beim Stammtisch der hyperlokalen Hamburg-Blogger
Hamburg ist nicht nur gesegnet mit großen Magazin- und Wochenzeitungsverlagen, einem tollen Straßenmagazin Hinz&Kunzt, bei dem ich gerade Wortwalz-Station mache, sondern auch mit (mindestens) vier tollen Lokalblogs: Auf den Seiten von Hamburg Mittendrin, den Eimsbütteler Nachrichten, Elbmelancholie und Wilhelmsburg Online schreiben junge Blogger über das, was vor ihrer Haustür passiert.
Um mal hier Vocer zu zitieren: Alle vier Online-Angebote richten sich mit lokalen oder gar hyperlokalen Fokus auf Hamburg, berichten zum Teil live, verwenden Videos, Audios und interaktive Elemente. Binnen kürzester Zeit konnten sie sich auf diese Art und Weise ein beträchtliches Publikum aufbauen und zeigen: Lokaljournalismus ist alles andere als tot.
Eine spannende Idee fand ich, dass sich die Menschen hinter diesen vier Blogs regelmäßig zum Stammtisch treffen. Auf der Wortwalz konnte ich mich kaum entscheiden, wen ich zuerst besuchen sollte und freute mich daher über die Gelegenheit dabei zu sein. In den Redaktionsräumen von Hamburg Mittendrin setzen sie sich nach Feierabend zusammen und diskutieren gemeinsame Probleme, gemeinsame Strategien. Dabei geht es sehr direkt zu. Einer fragt lachend: „Lokaljournalismus-Foren, sind das nicht die Orte, wo die Printleute hinkommen zum Flennen?“
In den Köpfen der Lokalblogger sind die Grenze zwischen Print und Online längst aufgebrochen. Eine gewisse Ungeduld ist zu spüren im Umgang mit der Behäbigkeit der großen Verlage, die zumeist immer noch staunend vor „diesem Internet“ stehen. Auch ich habe ja auch der Wortwalz schon Ähnliches erlebt. Hier sind sich alle einig: „Die Formdebatte ist ausgelutscht“. Sie wollen nicht darüber diskutieren, ob Blogger Journalisten sind, sondern darüber, was Qualität ausmacht.
Der Erfolg gibt den vier hyperlokalen Blogs recht. Auf Demos, zum Beispiel zum Hamburger Gefahrengebiet, sind die Lokalblogs inzwischen für viele zur unverzichtbaren Quelle geworden. Die Redaktion von Mittendrin hat sich sogar eine Call-a-journalist-Onlinetool ausgedacht. „Es geht auch ohne dpa-Zugang“, sagt eine. Mit viel Leidenschaft und Einsatz schreiben, filmen, twittern alle vier Plattformen über Hamburger Themen. „Wir sitzen ohne Geld da, die anderen ohne Leser.“
Trotzdem gibt es Hindernisse bei der Arbeit. Manchmal hören die Blogger von Pressestellen: „Wir konnten gerade noch einen eine Akkreditierungsplatz für dich durchboxen“. Daran merkt man, dass einige diese Portale noch nicht so ernst nehmen, wie sie es vielleicht verdienen. Die „geliebten Etablierten“, wie einer sie liebevoll nennt, sollten sich diese Entwicklung aber besser genau anschauen. Nicht umsonst kooperieren ja auch die ZEIT Hamburg Seiten mit einigen der Blogs.
Ich hoffe, dass ich in den nächsten Tagen in Hamburg noch mehr Gelegenheit bekomme, diese Art des Lokaljournalismus kennen zu lernen. In der Zwischenzeit arbeite ich noch beim Straßenmagazin Hinz&Kunzt. Gerade habe ich eine Nacht „Platte machen“ hinter mir und habe draußen mit Obdachlosen übernachtet – ganz in der Nähe des Spiegel-Verlagsgebäudes. Viel gelernt, draußen auf der Straße. Ich kann mich also nur anschließen: Geliebte Etablierte, nehmt euch in Acht!