Meisterschnack #5 mit Hannah Suppa

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Sie mag Kartoffelfeste, ich Kaninchenzüchter: Hannah Suppa ist heute Vize-Chefredakteurin

In der Rubrik Meisterschnack veröffentliche ich meine Gespräche mit den Chefinnen der Lokalredaktionen, in denen ich gerade arbeite. Ich stelle allen die gleichen zehn Fragen und bin gespannt, welche Geheimnisse der Zunft sie mir verraten. Dieses Mal: Meine ehemalige Kollegin Hannah Suppa, mit der ich früher bei ZiSH und beim Burgdorf Anzeiger gearbeitet habe und die heute  Vize-Chefin des HAZ ist. Sie erzählt, warum sie das Otzer Kartoffelfest und den dazugehörigen Schälwettbwerb so liebt und warum man einen Heijopei immer ausreden lassen sollte

1. Warum bist du Lokaljournalistin geworden?
Weil mich interessiert, was vor meiner Haustür passiert. Und weil mich interessiert, was die Menschen, die um mich herum leben, eigentlich machen. Was sie bewegt und welche Geschichten sie zu erzählen haben. Ich finde es muss ein Medium geben – egal ob Print oder Digital – das das filtert und abbildet. Mein Herz schlägt für lokale Berichterstattung. Und wie ich dahin kam, dass ich heute stellvertretende Chefredakteurin bin? Ich habe ganz klassisch wie viele Journalisten als freie Mitarbeiterin angefangen. Hier bei der Jugendseite ZiSh, wo du ja auch warst, habe ich meinen ersten Text über Organtransporte geschrieben. Dann war ich viel in den Lokalredaktionen, zum Beispiel auch in Burgdorf beim Anzeiger. Meine Highlights sind immer noch das Zwiebelfest in Uetze und das Kartoffelfest in Otze. Das klingt total albern, wenn man das als Städter so sagt, aber die Leute sind mit so viel Liebe vor Ort dabei. Und machen einen Schälwettbwerb, wer eine Kartoffelschälen kann und die längste Schale hat und dann halten sie das total stolz in die Kamera. Mit strahlenden Gesichtern. Das ist doch ne tolle Geschichte!

2. Wenn Aliens auf der Erde landen würden, wie würdest du ihnen deine Arbeit beschreiben?
Ich gucke mir die Welt im Großen und im Kleinen an und versuche das für die Leser zusammen zu fassen, damit sie auf einen Blick sehen, was für sie wichtig ist. Das mache ich einmal für eine Zeitung, da haben wir 20 bis 28 Seiten pro Tag und müssen gucken, dass wir da alles richtig gewichten. Und das läuft digital den ganzen Tag über. Zum Beispiel, als neulich wieder eine Bomben hier in Hannover gefunden wurde. Da schicken wir vielleicht mittags die erste Push-Nachricht über die Smartphone-App raus: Bombe gefunden. Diese Geschichte entwickeln wir dann den ganzen Tag über haz.de, facebook und Twitter weiter. Wir machen Karten des Evakuierungsradius und führen Liveticker. Parallel haben wir die Printgeschichte fragen uns: Wie geht man damit um, dass die Bombe in der Zwischenzeit entschärft werden könnte bis die Zeitung gedruckt ist? Also machen wir im Print Hintergrundgeschichten und verweisen auf haz.de. Das hat bedeutete im konkreten Fall, dass ein Redakteur hier übernachtet hat und nachts um zwei noch Push-Meldungen rausschickte. Wir haben uns also den ganzen Tag gefragt: Wie und auf welchem Kanal erzählen wir das Ereignis Bombenräumung?

Kühe

Lokaljournalismus 2014: Kühe greifen Menschen an. Tiere gehen ja immer.

3. Was macht deine Lokalredaktion besonders?
Das digitale Arbeiten. Wir haben das sehr verinnerlicht. Bei uns muss man nicht mehr viel erklären, die Redakteure wissen, die das läuft. Die rufen von unterwegs an und diktieren dem Digital-Desk Neuigkeiten durch. Der Polizeireporter macht bei Terminen schnell noch ein Video mit dem iPhone und schickt es uns. Das lohnt sich. Und die Redakteure sehen auch, dass solche Sachen gut geklickt werden und dass dadurch Dialoge mit den Lesern entstehen. Bei Facebook kommen dann auch mal 20 Kommentare, die sagen: „Krasse Geschichte“. Also, unsere Lokalredaktion macht aus, dass wir für alle Kanäle arbeiten und denken.

Und wir versuchen hier uns auf Regional- und Lokaljournalismus zu fokussieren. Wir haben jetzt ein Redaktionsnetzwerk Deutschland, eine zentrale Einheit der Mediengruppe Madsack, die die überregionalen Inhalte für mehrere Titel aufbereitet. Das heißt, die produzieren die überregionalen Seiten auch für die Leipziger Volkszeitung, die Märkische Allgemeine und andere. So wird Raum frei mehr lokale Berichterstattung. Früher haben alle ihren überregionalen Teil selber produziert, jetzt kommen diese Seiten vom RND. Deshalb können wir uns heute ganz auf die lokalen Inhalte konzentrieren. Das ist ein Prozess und das ist auch schwierig, weil sich unsere Redaktion quasi einmal gehäutet hat. Vor einem Jahr saßen hier Leute am Desk, die die Politikseiten geschrieben haben. Heute haben wir hier ganz viel Lokaljournalisten, die fast 100 Seiten am Tag machen.

4. Wie sieht die Hannoversche Allgemeine Zeitung in 10 Jahren aus?
Die Arbeit auf den verschiedenen Kanälen ist noch mehr professionalisiert. Es ist weiterhin eine Mischung aus: Ganz lokal, regional und nah dran am Leser, aber trotzdem auch die Welt mit abbilden. Diese Mischung wird in zehn Jahren noch immer gefragt sein, nur die Kanäle werden sich geändert haben.

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Webreportage der HAZ zur Zukunft des Ihme-Zentrums

5. Was kann ich bei euch lernen?
Du hast ja schon recht viel gelernt, würde ich sagen, seit du vor zehn Jahren hier angefangen hast. Bei ZiSh hast du dieses Arbeiten an Texten gelernt. Und wie Blattmachen funktioniert. Es ist das eine auf dem Dorf zu sein und die Geschichte über das Kartoffelfest zu machen. Das andere ist, sich zu fragen: Wie kommt das Kartoffelfest in die Zeitung? Da kannst du hier viel mitbekomme, wie die Redakteure sich am Lokal-Desk mit den Schreibern draußen in den Lokalredaktionen austauschen. Und auch wie die Liebe zum Lokaljournalismus 2014 aussieht, auch unter Ausnutzung aller Medienkanäle, die es heute gibt. Zum Beispiel Webreportagen.

6. An welche Geschichte erinnerst du dich noch heute?
Eine besondere lokale Geschichte war, dass ich als Volontärin mal eine Mutter getroffen habe, die ihr Kind in die Babyklappe gelegt hatte. Nach zwei Jahren hat sie es zurückgeholt, als sie ihr Leben geordnet hatte. Ich habe Kind und Mutter getroffen, das war sehr anrührend und emotional. Eine andre Geschichte ist natürlich immer, wenn man draußen Erfahrungen sammelt: Ich war drei Monate in Namibia und habe dort bei einer deutschen Lokalzeitung gearbeitet. Ein Kolonialzeitüberbleibsel mit einer Auflage von nur 5000 damals. Da war jeder Tag abenteuerlich!

7. Wie stellst du dir deine Leser vor?
Idealerweise oder wie sie wirklich sind…? Die HAZ ist eine Traditionszeitung hier vor Ort, das heißt wir gehören in vielen Haushalten dazu wie das Brötchen am Morgen. Das ist schön. Wir haben viele ältere Leser, die mit der HAZ sozialisiert sind und das auch weitergeben. Aber wir erreichen nicht mehr so viele Jugendliche. Online haben wir die Peaks wir zwischen 6 und 9 Uhr morgens und dann abends, wenn die Leute auf dem Sofa sitzen. Also sind das viele Berufstätige, die wissen wollen, was vor der Haustür passiert.

8. Auf der Walz lernen Gesellen die Geheimrezepte ihrer Meister. Welches kannst du mir verraten?
Die Geheimnisse kennst du schon, aber man sollte nicht müde werden sie zu betonen: Offen sein und nicht mit Vorurteilen auf die Menschen zugehen. Sich immer überraschen lassen, was Menschen für Geschichten zu erzählen haben. Und auch wenn man denkt, das ist ein Heijopei – also einer, der nur rumschnackt – sollte man dem erstmal fünf Minuten zuhören. Man wird danach bereicherter sein als vorher. Und auch wenn Lokaljournalisten manchmal viel im Büro arbeiten: Augen und Ohren offen lassen, für das, was um einen herum passiert.

9. Wie kommuniziert ihr mit den Lesern?
Ich persönlich über Facebook, Twitter, Mail, das Übliche. Wir beantworten jeden Tweet. Auf Facebook antworten wir, wenn wir direkt angesprochen werden. Ich habe meinen Facebook-Privataccount mit dem HAZ-Account verknüpft, sodass ich ständig umswitchen kann. Und, man darf es ja gar nicht so laut sagen, aber manchmal gucke ich nachts bevor ins Bett gehe auch noch mal nach. Und wenn ich weiß, dass keiner mehr in der Redaktion ist, dann antworte ich eben selbst. Aber da wir eine regionale Abozeitung sind, haben wir auch viele ältere Leser und die rufen dann an. Oder stehen dann vor der Tür. Neulich stand ein Leser an der Pforte und brachte Fotos vorbei, weil Schwester Lucilla aus dem Marienhaus in der Sophienstraße ihr Jubiläum feierte. Die stehen dann da und dann rede ich auch gerne mit denen.

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Zeig mal, wie man Zeitung macht. Hier schreibt Hannah über die Wortwalz

10. Was tust du, um das Aussterben unserer Zunft zu verhindern?
Seit ich 18 bin und Journalistin werden will, haben Leute zu mir gesagt: „Das macht keinen Sinn, du wirst nie einen Job finden, Zeitungen werden sterben“. Ich glaube Zeitungen werden nicht sterben, zumindest die Idee dahinter nicht: Informationen aufbereiten und dem Leser nahebringen. Unsere Zunft wird nicht aussterben, wenn wir uns fokussieren auf das, was vor unserer Haustür stattfindet. Das muss nicht die gedruckte Zeitung sein, dass können natürlich auch das Internet, ein Smartphone-Tablet oder Dinge sein, von denen wir noch gar keine Ahnung haben. Ich will alle neue Dinge mitnehmen und gucken, wie ich sie nutzen kann.