Wortwalz auf Tour

image2Es ist aufregend: Mein Buch über die Wortwalz ist jetzt seit einer Woche in den Läden. Nun reise ich wieder herum und mache das, was ich am besten kann: Schreiben und nirgends bleiben

Als der Karton mit den Büchern vor der Tür stand, war das ein irres Gefühl. Herzklopfen, Unsicherheit und Erleichterung. Immerhin stecken in diesen 234 Buchseiten fast anderthalb Jahres meines Lebens, wenn man die Zeit des Reisens und des Schreibens zusammenrechnet. Nun findet meine Buchstabensuppe überall ihre Leser, sogar tierische (wie das Foto der Leserin Fara beweist…)

In der Zwischenzeit gab es auch schon erste Berichte und Besprechungen des Buches, zum Beispiel hier in der HAZ. Dort ist ja meine (Heimat)zeitung und deshalb freue ich mich nun besonders morgen, am 3. Februar, bei der HAZ eine Lesung gemeinsam mit der stellvertretenden Chefredakteurin und einstigen Kollegin Hannah Suppa zu machen (Ort: Schalterhalle Hannover; Zeit: 19.30 Uhr, Einlass ab 19 Uhr). Das Urteil der HAZ-Medienredakteurin hat mich übrigens strahlen lassen. Merke: Heimat ist da, wo man schrullig sein darf:  Weiterlesen →

Bücher übers Wortgewalze

Bildschirmfoto 2016-01-13 um 18.12.53Da läuft ein Reporter durch die Gegend, macht einen auf Wandergeselle und schreibt ein Buch – kommt allen bekannt vor? Klingt nach Wortwalz? Tatsächlich gab es das schon mal, vor über 80 Jahren. Nannte sich: „Servus Kumpel“

Es ging ihm wohl ein bisschen so ähnlich wie mir: Ein Reporter will rausfinden, wie das Leben der Wandergesellen auf der Landstraße so ist. Also pirscht er sich an sie ran, merkt aber schnell, dass er diesem seltsamen Völkchen noch weiter auf die Pelle rücken muss. Deshalb muss er raus aufs Land, der Reporter, und mitten unter die Wandergesellen.  Er schmeißt sich in olle Klamotten und tippelt los. Mit diesen Worten macht sich P. C. Ettighoffer auf den Weg.

„Zuerst versuchte ich die ‚Kunden’ in den Pennen der Großstädte zu erreichen, sie auszufragen. Doch es war nur unvollkommenes, klägliches Material, das ich auf diese Weise zusammentragen konnte. Äußerlichkeiten, nichts weiter. Ich wollte mehr. Ich wollte die Seele der Landstraße erforschen, in ihr Herz blicken.“

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Willkommen im Walzmuseum

Von Schaufensterpuppen in Kluft und Kloschildern mit Hut: Ein Besuch in Deutschlands einzigem Herbergsmuseum in Blankenburg

Walzmuseum-03Wer im Blankenburger Herbergsmuseum nachfragt, ob der Mann, der hier die Führungen macht, wohl auch selbst auf Tippelei war, der bekommt eine lustige Antwort: „Ich war ein paar Jahre lang Zigaretten holen“, sagt er. Der Rest bleibt rätselhaft.

Es ist ein gut verstecktes Kleinod, dieses Museum in einem verwinkelten Fachwerkhaus von 1684, und die wenigsten Besucher dürften hier wohl einfach zufällig über die knarzenden Dielen stolpern. Wer hier herkommt, will etwas über die Tradition der Wanderschaft erfahren. Seit dem Mittelalter folgen deutsche Handwerker der Idee der Walz, gehen für mindestens drei Jahre und einen Tag auf Reisen. Und doch muss man die Orte in Deutschland suchen, an denen man mehr über die Geschichte dieser geheimnisvollen Welt lernen kann. Es finden sich nicht allzu viele historische Aufzeichnungen in den Archiven. Deshalb lohnt sich der Weg hierher, ein kurviges Sträßlein führt nach Blankenburg.

In dem kleinen Museum am Harzrand ist alles „durchgewalzt“ – angefangen bei den Toilettentüren. Die ziert ein Wandersmann und eine Gesellin mit Hut, Schlaghose und Stenz. So heißt der Wanderstab der Gesellen, ein in sich gedrehter Holzstock, um den sich eine Geißblattpflanze geschlungen hat (Unter Gesellen heißt es: „Einen Stenz sucht man nicht. Der Stenz findet dich.“)

Viele dieser kleinen Anekdoten kann man lernen, wenn man durch die historische Herberge stromert. Schon Zimmermann Wilhelm Pieck – später der erste und einzige Präsident der DDR – stieg hier zu seiner Wanderzeit ab (Verrückt genug, der Gedanke: Ein Staat, der sich ummauern und umzäunen sollte, wurde geführt von einem Mann, der das Reiseleben und das Fernweh kannte). Neben einer nostalgischen Piek-Ecke gibt es im Herbergsmuseum aber noch weit mehr zu sehen. Der Nachlass zweier Nordharzer Wandergesellen zeigt Reiserouten, Wanderbücher und das spärliche Gepäck der Reisenden. Wie auf einem Wäscheständer hängen hier auch „Charlottenburger“, die bunten Tücher, mit denen Wandergesellen ihr Gepäck verschnüren (Übrigens, fragen Sie vor Ort bitte unbedingt nach, warum Charlottenburger Charlottenburger heißen! Die ebenfalls lustige Antwort hat mit müffelnden Rucksäcken aus Pferdefell zu tun..)

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Finden Sie den Fehler? Vorne links ein rechtschaffender Fremder mit schwarzem Schlips, rechts ein fremder Freiheitsbruder mit rotem Schlips, in der Mitte ein blaubeschlipster Rolandsbruder und im Hintergrund eine Freireisende Wandergesellin. Dazwischen: Ein störendes Element.

Im Obergeschoss schließlich hat eine Truppe Schaufensterpuppen im Sturm mein Herz erobert. Weiterlesen →

Handwerk und Journalismus

Das Thema Wanderschaft liegt in der Luft. Vielleicht ist es selektive Wahrnehmung – aber ich sehe zur Zeit überall Berichte über die Tippelei. Hier deshalb meine persönlichen Filmtipps zur Walz. Und einige Überlegungen zur Handwerkerehre

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Auf der Sommerbaustelle 2015

Weiberwalz*  – das ist der Titel einer Dokumentation, die jetzt im MDR Fernsehen während der Themenwoche Heimat zu sehen war. Die Wandergesellinnen Theresa und Florin und Cyrilla erzählen darin von ihrem Leben auf Tippelei. Die Story: Eine Buchbinderin und zwei Steinmetzinnen klettern rauf und wieder runter von den Ortsschildern ihrer Heimatstädte. Dazwischen liegen mehr als drei Jahre Wanderschaft, die sich nur schwer in Worte oder Bilder fassen lassen. Wir sehen die Reisenden ihre Charlies rollen, also ihr Gepäck mit Tüchern verschnüren. Wir sehen die Frauen trampen und – wie immer in diesem Moment – müssen sie die Reporterfrage beantworten, ob das nicht gefährlich sei. Wir sehen die Wandergesellen im Spinnermarsch, also in Zickzacklinien, aufs Ortsschild zuwandern. Und wir bleiben als Zuschauer auf Distanz, wenn es um die geheimen Rituale auf der Walz geht. Weiterlesen →

Schreiben und Bleiben

Einmal auf der Straße, immer auf der Straße: Warum ich jetzt wieder auf Wortwalz.de blogge. Und welche anderen tollen Reisefrauen ich euch von unterwegs empfehlen möchte

Aufbruch vor über einem Jahr am Münchner Ortsschild. (Foto: © Vivian Balzerkiewitz)

„Wo kann man dich jetzt eigentlich lesen?“ Das werde ich immer wieder gefragt. Antwort: Hier. Auf Wortwalz. Es ist so weit: Ich blogge wieder. Denn ein Jahr nach meiner Wanderzeit treibt mich diese Reise immer noch um, sie hat mich nie losgelassen. Die Beiträge vom letzten Jahr bleiben in der Kategorie „Reise“ bestehen, in der Rubrik „Aktuelles“ beschreibe ich ab heute, was es Neues in der Wortwalzwelt gibt. Weiterlesen →

Scheinheimisch werden

Wie mein Münchner Ortsschild vom Erdboden verschwand und ich auf einer abstrusen Reise versuchte einheimisch zu werden

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So geht die Reise zu Ende

Es war ein langer Weg nach Hause. Nach meinem letzten Lokalredaktionsstopp in Weimar bin ich einfach weitergereist. Die geplanten drei Monate und ein Tag auf der Wortwalz waren rum, aber die Tippelei ging weiter. Und das bereue ich nicht, denn es gab noch einiges zu lernen. Weiterlesen →

Heimgehtippelei

Wie ich nach drei Monaten und einem Tag Wortwalz beschloss: Die Reise geht weiter. 

Wortwalz

Losgehen ist leichter als Heimkommen, sagen die Gesellen. Drei Monate und ein Tag auf der Wortwalz sind rum. Ich stehe immer noch da und staune.


Noch bevor ich im Juli 2014 losgewandert bin, haben Gesellen mir einen Satz zugesteckt. Der baumelte seitdem in meinem Knopfloch. Er lautet: Losgehen ist leichter als Heimkommen. Puh, dachte ich damals, dieser Satz war schon vorher eine rechte Zumutung, denn ich fand den Aufbruch abenteuerlich genug. Da ahnte ich ja noch gar nicht, was mir alles noch bevor stehen würde. Weiterlesen →

Station #10 Wechselbad in Weimar

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Wildwechsel in der Zone: Wie ich in Weimar erlebte, wie mit Minimalmitteln Zeitung gemacht wird. Eine muntere Stadt, eine müde Lokalredaktion. Und lauter seltsame Gestalten: ein Eiermann, ein Elfenforscher, und tatsächlich: Der Leser. Ich lebe in der luxussanierten Wohnung und besuche Menschen, die in Bauwägen hausen. Nebenbei plante ich meine feindliche Übernahme durch die Konkurrenz – und landete schließlich ein Stockwerk tiefer. Weiterlesen →

Meisterschnack #7 Michael Stoll

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„Fühlen ist ganz wichtig“, sagt Michael Stoll von der Rhein-Zeitung.

In seinem Büro steht eine E-Gitarre, an den Wänden hängen Rockstar-Fotos, auf seiner Brust prangt Jimi Hendrix auf: Michael Stoll ist nicht nur der Wilde unter den Regio-Chefs. Er ist auch der, der gefühlt schon in jeder Lokalredaktion der Rheinzeitung mal Leiter war. In meiner Zeit bei der Westerwälder Zeitung fuhr er mich tapfer auch zu später Stunde durch die Gegend. Im Meisterschnack erklärt er, warum er sich so gerne von Lesern beschimpfen lässt und wer Oma Puhvogel ist. Zugegebenen – ein sperriges Gespräch. Aber wie es sich für einen guten Kerl mit ein bisschen Rock’n’Roll-Attitüde gehört, erlaubt Stoll sich eine Extrawurst: Er ist der Erste, dessen Meisterschnack ich authorisieren lassen muss. Bittschön. Weiterlesen →

Artikel vergriffen: Zukunft des Lokaljournalismus

Warum es mir schwer fällt, Antworten auf Fragen nach der Zukunft des Lokaljournalismus zu geben. Warum ich gar nicht müde werde von der Walz. Und wie ich nach einem wilden Ritt durch die Republik im Osten landete. Herrjemineee.

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Hier sieht man mich und das Sandmännchen in Erfurt. Selbstdarstellung? Warum ich solche Bilder manchmal zeige, steht da*

Kürzlich war ich zu Gast an der Kölner Journalistenschule. Der Leiter (der übrigens vor Jahren auch mal eine Art Journalistenwalz machen wollte, sich dann aber nicht traute) hatte mich eingeladen, um von der Wortwalz zu erzählen. Die Studierenden dort müssen nämlich als erstes ihrer Pflichtpraktika eine Lokalredaktion besuchen. Offenbar waren von dieser Idee nicht alle der Nachwuchsjournalisten begeistert. Man munkelte den Namen der Märkischen Allgemeinen in Königs Wusterhausen und kicherte. Und so fragte man mich: Ob es in den Lokalredaktionen überhaupt junge Leute gebe?  Ob ich jetzt dauerhaft auf dem Land als Lokalreporterin arbeiten wolle? Und einer fragte: „Ist das nicht einfach bloß Selbstdarstellung, was du machst?“ Weiterlesen →

Station #9: Wortwalz im Westerwald

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Wurde mir vom Regio-Chef verliehen: Die Total-Lokal-Plakette

Wie ich bei der onlinigsten Regionalzeitung mit einem Twitter-Gewitter begrüßt wurde, wie ich im Westerwald die Total-Lokal-Karnevals-Plakette verliehen bekam, über Flüchtlingsgeschichten stolperte und mich doch freute, wenn man Fremden die Tür öffnete. Außerdem im Blatt: Katzen, Kriminalität und Hitlers Ehrenwürgerbürde

Alliterationsalarm: WW im WW – Wortwalz im Westerwald –  Da konnte ich einfach nicht widerstehen. Bin beim Trampen durch Rheinland-Pfalz irgendwann von so vielen Westerwälder-Kennzeichen-Fahrern stehen gelassen worden, dass ich beschlossen habe, mir dieses Völkchen mal genauer anzuschauen. Also purzelte ich von der Autobahnraststätte Montabaur in die Stadt und fragte mich zur Redaktion der Westerwälder Zeitung durch, einem Regionalteil der Rhein-Zeitung. Es war Montagabend, 19 Uhr, es regnete, und ich hatte mal wieder kleinen Plan. Klopf, Klopf, an der Tür. Drei Redakteure staunen mich an. Und: Zack! So schnell wie hier hatte ich noch nirgendwo ein Bier in der Hand. Weiterlesen →

Station #8 Freiburg, das kommt von frei

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Hallo Schwarzwald, Hallo Funkstille. Hallo Losmachen, Hallo freier Wille.

Es gibt ein schönes Wort unter Wandergesellen, das ich in letzter Zeit sehr schätzen gelernt habe: Abreiseverlumperung. Gemeint ist damit, die geplante Abfahrt nach hinten zu verschieben. Immer wieder. Die beteiligten Begleitpersonen tun das Ihrige dazu, um den Moment des Aufbruchs immer weiter zu vertrödeln. Manchmal hat man einfach einen Fuß im Beton. Oder im Schwarzwald. So ist es mir nun in Freiburg ergangen.

Zuerst muss ich gestehen: Ich bin nicht mal zur Lokalzeitung gegangen. Schmach! Dabei gibt es hier die wirklich gut gemachte Badische Zeitung, das sympathische Radio Dreyeckland und auch das Onlineportal fudder. Genug Auswahl. Aber ich wollte einfach mal: Frei sein in Freiburg. Weiterlesen →

Meisterschnack #6 Lars Reckermann

P1180203Nur fürs Protokoll: Lars Reckermann weist vorab darauf hin, dass er die 10 Fragen extra noch nicht angeschaut habe. Ganz spontan erklärt er also, wie er seinen ersten Text über Christstollen schrieb und warum er die älteren Kollegen gerne fossile Wissensträger nennt. Außerdem findet er, dass Neugierde ein Schulfach sein sollte, dass man über die Provinz nicht provinziell berichten muss und er ist sich sicher: Der kleine Sören wird uns eines Tages wischen.

1. Herr Reckermann, warum Sind Sie Lokaljournalist geworden?
Ich wollte mal Rechtsanwalt werden. Ich war aber total schlecht in der Schule, habe das zweit schlechteste Abitur gebaut. Dann habe ich bei der Berufsberatung gefragt: Was kann ich denn machen? Dann fragte der: Worin sind Sie denn gut? Und ich sagte: Aufsätze schreibe ich gerne. Und dann sagte er: Versuchen Sie es doch mal mit dem Journalismus. Dann bin ich in Unna zur Lokalredaktion gegangen und habe gefragt, ob ich mitmachen darf. Dann sollte ich eine Geschichte machen über den Christstollen. Ich habe 270 Zeilen geschrieben, veröffentlicht wurden 27. Ich dachte mir, da muss ich nicht mehr hinkommen. Aber dann sagte mir mein erster Chefredateur damals: Journalismus ist ein Handwerk. Das lernt man. Wie ne Mauer hochziehen. Weiterlesen →

Station #7 Die ganze Lahrheit

P1180270Wie ich von der Feuerwehr mit Blaulicht nach Oberweier gebracht wurde und versuchte im heiß umkämpften Lahrer Zeitungsmarkt zu bestehen. Außerdem die Highlights der letzten Woche: Die kälteste Nacht draußen, drei Tage auf dem Albstieg und schließlich eine Waldbegehung im Schwarzwald mit dem Gemeinderat, die in einem Jobangebot vom Bürgermeister gipfelte Weiterlesen →

Station # 6 Aalen: Ein Ostalb-Traum

Diese Redaktion verdient Herzchen: Schwäpo in Aalen

Die Redaktion Schwäpo in Aalen

„Polizei rettet Kaninchen“ – welche Redaktion macht diese Meldung noch zum zweiten Lokalaufmacher? Eine Redaktion, bei der es zur Blattkritik frische Brezeln gibt. Eine Redaktion, in der die Redaktionsassistentin mit einem strahlenden Lächeln fragt: Gibt es noch irgendetwas, das ich für dich tun kann? Eine Redaktion, in der der Chef Witze macht, die manchmal wirklich witzig sind. Eine Redaktion, in der mir eine Kollegin Pferdesalbe auf den Schreibtisch stellt, weil ich über Rückenschmerzen gejammert habe. Das ist die Redaktion der Schwäbischen Post in Aalen. Ein wahrer Ostalb-Traum. Weiterlesen →

Bergfest: Streunertage auf der Wortwalz

Die Daumenmuskeln dehnen sich

Daumenmuskeln dehnen

Die Wortwalz feiert Bergfest. Anderthalb Monate auf der Straße sind rum, die Hälfte der geplanten Zeit. Bei fünfeinhalb Redaktionen war ich jetzt und bin zuletzt kreuz und quer durch die Republik getippelt. Übernachtet habe ich beim Zuchtbullen Enzo auf der Wiese und bei Schwester Ulrike im Kloster der Dominikanerinnen. Außerdem gelernt: Die Polizei Landsberg ist keine Zimmervermittlung, aber in Rentnerreisebussen kann man super mitfahren. Weiterlesen →

Meisterschnack #5 mit Hannah Suppa

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Sie mag Kartoffelfeste, ich Kaninchenzüchter: Hannah Suppa ist heute Vize-Chefredakteurin

In der Rubrik Meisterschnack veröffentliche ich meine Gespräche mit den Chefinnen der Lokalredaktionen, in denen ich gerade arbeite. Ich stelle allen die gleichen zehn Fragen und bin gespannt, welche Geheimnisse der Zunft sie mir verraten. Dieses Mal: Meine ehemalige Kollegin Hannah Suppa, mit der ich früher bei ZiSH und beim Burgdorf Anzeiger gearbeitet habe und die heute  Vize-Chefin des HAZ ist. Sie erzählt, warum sie das Otzer Kartoffelfest und den dazugehörigen Schälwettbwerb so liebt und warum man einen Heijopei immer ausreden lassen sollte
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Station #5 Burgdorf: Kleinkaliberkönigin

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Home is where your Heimatzeitung is? Nee…

Heimatzeitung, das Wort ist kuschelig wie ein Flanellhemd. Was bedeutet es? Als ich jetzt meine eigene Heimatzeitung besucht habe, den Burgdorfer Anzeiger, da sprang mich gleich ein neues Lieblingswort im Blatt an: Kleinkaliberkönigin. Die Schützenfestsaison ist gerade rum in Niedersachsen, die Themenlage ist ein bisschen dünn. Aber die neue Kleinkaliberkönigin ist allemal einen Vierspalter wert. Es vergeht kein Kartoffelfest, ohne dass darüber berichtet wird. Alles hier kommt mir bekannt vor, ich weiß ja: Der Samstag heißt hier Sonnabend. Die Dörfer heißen Otze, Uetze, Schwüblingsen und Hülptingsen. Es sind die Orte, durch die ich als Schülerin jedes Wochenende gezuckelt bin, um meine Lokaltermine zu machen. Ich genieße es jetzt dieses Wortwalz-Gefühl der vergangenen Wochen mal abzuschütteln, dass man ständig versucht Lokaljournalismus zu machen ohne sich vor Ort auszukennen. Hier kenne ich mich aus, aber ich merke auch, wie die Zeit mich verändert hat. Weiterlesen →

Meisterschnack #4 Peter Noßek

Peter an dem Beachclub, für den er nebenei noch eine Petition organsiert

Peter an dem Beachclub, für den er nebenei noch eine Petition organsiert

Zehn Fragen, zehn Anworten. Und keine Ausnahmen für Verrückte. Naja, fast: Im Meisterschnack erzählt Peter Noßek, Herausgeber des Harburger Blattes, warum er mal vier leere Seiten in der Zeitung druckte und wie die Leser ihn dafür abstraften. Außerdem verrät er, warum man so sehr für Lokaljournalismus brennen muss, dass man sich dafür auch das Wasser abstellen lassen muss.
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Station #4 Harburg: Herzblutblatt

Eigentlich. Das ist ein großes Wort. Darin steckt die Kraft Pläne zu ändern. Denn eigentlich wollte ich längst weg sein aus dem Raum Hamburg. Jetzt bin ich doch geblieben. Eigentlich wollte aber auch Peter Noßek in Harburg bloß seine alte Lokalzeitung retten. Jetzt ist er selbst Chefredakteur des „Harburger Blattes“. Das ist ein zwölfseitiges Liebhaberblatt. Eine Schülerzeitung für Erwachsene, wie er sie selber nennt. Und eigentlich macht sie viel zu viel Arbeit, als dass die Leute dahinter sie einfach so nebenbei wuppen könnten. Wie gesagt: eigentlich. Weiterlesen →

Meisterschnack #3 Birgit Müller

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Birgit Müller, Chefredakteurin Hinz&Kunzt

Bevor sie Chefredakteurin des Straßenmagazins Hinz&Kunzt wurde, war sie Lokaljournalistin beim Hamburger Abendblatt, Schwerpunkt: Soziales, Hafen und Gewerkschaft. Heute ist sie mit ihrem Blatt mehr denn je ein Hafen für Gestrandete. Im Meisterschnack* erzählt Birgit Müller, warum sie eine Recherchereise nach Rumänien nie vergessen wird und warum man bei klopfenden Herzen kritisch sein muss

1. Warum bist du Lokaljournalistin geworden? Mich hat das immer interessiert: Jedes Thema, jedes Problem, einfach alles lässt sich herunterbrechen auf eine kleine Welt. Die kleine Welt, in der ich lebe. Und dann interessiert mich natürlich, wie meine Nachbarn darüber denken. Im Lokaljournalismus habe ich das Gefühl, ich bin ganz nah dran und kann die Leute kennenlernen. Und vor allem kann ich im Kleinen viel eher etwas verändern als im Großen. Weiterlesen →

Station #3 Hamburg: Wo ist Zuhause?

Eine Lektion in Losigkeit bei einem gemütlichen Abend unter der Brücke

"Unter der Brücke"

Platte machen: Unter dieser Brücke habe ich mit Verkäufern des Straßenmagazin Hinz&Kunzt geschlafen. Foto: Mauricio Bustamante

Auf Reisen gehen heißt Gewohntes zurückzulassen, den Rucksack zu packen und die Siebensachen wie ein Schneckenhaus auf dem Rücken durch die Gegend zu tragen. 20, 30 Gegenstände müssen reichen, ein Taschenmesser, eine Deutschlandkarte, ein Tagebuch. Da erscheint es mir bisweilen irrsinnig, wie viele Dinge, Kleidungsstücke und Besitztümer ich sonst Zuhause anhäufe. Weiterlesen →

Geliebte Etablierte, nehmt euch in Acht!

Zu Gast beim Stammtisch der hyperlokalen Hamburg-Blogger

Hamburg ist nicht nur gesegnet mit großen Magazin- und Wochenzeitungsverlagen, einem tollen Straßenmagazin Hinz&Kunzt, bei dem ich gerade Wortwalz-Station mache, sondern auch mit (mindestens) vier tollen Lokalblogs: Auf den Seiten von Hamburg Mittendrin, den Eimsbütteler Nachrichten, Elbmelancholie und Wilhelmsburg Online  schreiben junge Blogger über das, was vor ihrer Haustür passiert.

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Elbmelancholie

Um mal hier Vocer zu zitieren: Alle vier Online-Angebote richten sich mit lokalen oder gar hyperlokalen Fokus auf Hamburg, berichten zum Teil live, verwenden Videos, Audios und interaktive Elemente. Binnen kürzester Zeit konnten sie sich auf diese Art und Weise ein beträchtliches Publikum aufbauen und zeigen: Lokaljournalismus ist alles andere als tot. Weiterlesen →

Gesellige Tage auf der Sommerbaustelle

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Kamerad Zopf erzählt von früher

Dieser Text ist wahrscheinlich einer der schwersten, den ich auf dieser Reise zu schreiben habe. Ich war auf der Sommerbaustelle der freireisenden Wandergesellen und es war so wunderbar, dass man am besten gar nicht erst versucht es in Worte zu fassen. Es gibt etwas, das im Sprachlosen bleiben muss. Gleichzeitig ist es auch deshalb schwer diesen Text zu schreiben, weil ich ihn vor Veröffentlichung den Wandergesellen vorlegen werde. So haben wir uns geeinigt. Ich durfte die Sommerbaustelle besuchen, als Mensch, nicht als Journalistin. Und so habe ich versprochen nicht über Gesellen zu schreiben. Deshalb erzähle ich hier nur, wie ich persönlich die vergangen Tage erlebt habe. Weiterlesen →

Meisterschnack #1 mit Rudi Gegger

In der Rubrik Meisterschnack veröffentliche meine Gespräche mit den Chefs der Lokalredaktionen, in denen ich gerade arbeite. Ich stelle allen die gleichen zehn Fragen und bin gespannt, welche Geheimnisse der Zunft sie mir verraten. Dieses Mal: Wie es dazu kam, dass eine Leserin einen vollgekotzten Briefkasten vorbeibrachte und warum Gockel Maxl sterben musste
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Rudi Gegger, stellvertretender Lokalchef des Pfaffenhofener Kuriers

1. Warum bist du Lokaljournalist geworden?
Das hat sich spontan ergeben. Ich habe mein Leben lang schon immer gern geschrieben. Ich habe als freier Mitarbeiter beim Pfaffenhofener Kurier angefangen und habe mich ganz normal hochgearbeitet. Ich wurde Gemeinderats-Berichterstatter, dann Urlaubsvertretung, dann Volontär und schließlich Redakteur. Da bin ich hängen geblieben, seit mittlerweile 28 Jahren und immer noch mit viel Spaß bei der Sache. Weiterlesen →

Station #1 Pfaffenhofen

„Jetzt haben wir gleich zwei Mal die Schweinemast drin!“, ruft Lokalchef Robert und in diesem Moment weiß ich: Ich bin angekommen mitten im Lokaljournalismus. Mein erster Krauter, mein erster Arbeitgeber auf der Wortwalz, ist der Pfaffenhofener Kurier. Genau an der Grenze meines Bannkreises um München herum habe ich hier in der Redaktion Halt gemacht. Keiner war vorgewarnt, keiner kannte mich. Es war die Probe aufs Exempel, ob die Wortwalz-Idee auch so funktioniert. Die Redaktion liegt mitten am Hauptplatz der kleinen Stadt mit rund 24.000 Einwohnern. Ich kam gegen Mittag verschwitzt und verloddert die Treppen hochgestapft und sagte, dass ich hier mitarbeiten wolle. Weiterlesen →

Auf die Walz, fertig, los!

Pfiati Minga! Ab jetzt ist München im Bannkreis

Jetzt bin ich unterwegs. Bei trübem Wolkenhimmel bin ich von meinen Münchner Freunden auf den Weg gebracht worden. In bester Tradition haben wir vorher noch eine Flasche Schnaps unterm Ortsausgangsschild getrunken, um mich dann darüber zu schobern, äh zu schieben. Sogleich habe ich mir meinen lächerlich großen und viel zu schweren Rucksack aufgesetzt und bin – ohne mich nochmal umzudrehen – losmarschiert. Weiterlesen →

Gegen Fernweh hilft immer nur Heimweh

_MG_9646Heute ist es soweit, die Wortwalz geht los. In den frühen Morgenstunden werde ich über das Münchner Ortsschild klettern und loslaufen, hinein in meinen kleinen Sommerausflug. Der Rucksack ist gepackt, mit dabei habe ich rührende Gaben meiner Freunde: Ein Messer, ein Pfefferspray und einen Stock mit einer weißen Fahne. Was auch immer mir also bevor steht (und was auch immer die Schenkenden wohl befürchteten), für das Gröbste bin ich gerüstet.  Weiterlesen →